Finanzamt und Steuerfahndung

Das Finanzamt ist eine der Ermittlungsbehörden im Steuerstrafverfahren, § 386 I AO. In Steuerstrafverfahren tritt in vielen Fällen – zumindest zunächst – die Bußgeld- und Strafsachenstelle eines Finanzamtes in Erscheinung. Das Finanzamt (gemeint ist die Bußgeld- und Strafsachenstelle) führt das strafrechtliche Ermittlungsverfahren selbstständig, wenn 

  1. die Tat ausschließlich eine Steuerstraftat oder eine dieser gleichgestellte Tat darstellt und 
  2. zugleich andere Strafgesetze verletzt und deren Verletzung Kirchensteuern oder andere öffentlich-rechtliche Angaben betrifft, die an Besteuerungsgrundlagen, Steuermessbeträge oder Steuerbeträge anknüpfen. 

Indem das Finanzamt die Ermittlungen selbstständig durchführt, nimmt sie wegen § 399 I AO die Rechte und Pflichten wahr, die dem Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zustehen. Deshalb sind zum Beispiel Zeugen verpflichtet, auf Ladung der Bußgeld- und Strafsachenstelle zu erscheinen. Die Bußgeld- und Strafsachenstelle kann weiter auch richterliche Untersuchungshandlungen wie zum Beispiel den Erlass von Durchsuchungsbeschlüssen bei dem zuständigen Ermittlungsrichter beantragen sowie selbstständig den Erlass eines Strafbefehls bei dem zuständigen Amtsgericht (§ 400 AO) oder nach § 401 AO die selbstständige Einziehung oder die Festsetzung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen nach § 30 OWiG beantragen.

Wie dargestellt, kommt es für die Befugnisse des Finanzamts darauf an, ob das Finanzamt über die Bußgeld- und Strafsachenstelle (BuStra) das steuerstrafrechtliche Ermittlungsverfahren selbstständig führt oder ob die Steuerfahndung -verfahrensrechtlich unselbstständig (§ 402 I AO)- tätig wird.

Die Steuerfahndung übernimmt die Funktion einer „Steuerpolizei“, nimmt also etwaige Strafanzeigen entgegen, leitet ein Steuerstrafverfahren unter Umständen auch selbst ein und sichert Beweise, welche die Steuerstraftat belegen sollen. Die Beamten der Steuerfahndung sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft. Nach § 404 S. 1 AO gehören zur Steuerfahndung die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden. Die Steuerfahndung ist entweder als Dienststelle eines Besteuerungsfinanzamtes oder eines Finanzamtes für Fahndung und Steuerstrafsachen organisiert. Mit Ausnahme der Bundesländer Berlin, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg sind in allen anderen Bundesländern die Steuerfahndungsstellen Teil des allgemeinen Finanzamtes. Zur Steuerfahndung gehören auch die Zollfahndungsämter, § 1 Nr. 4 AO und als Mittelbehörde das Zollkriminalamt.

Aufgaben und Befugnisse der Steuerfahndungsstellen sind in den §§ 208, 404, 410 I Nr. 9 AO geregelt. Aufgaben der Steuerfahndung sind die Erforschung von Steuerstraftaten, die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen in den in § 208 I Nr.1 AO bezeichneten Fälle und die Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle. Die Steuerfahndung führt im Auftrag der Bußgeld- und Strafsachenstelle Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen durch. Sie kann im Einzelfall den Beschuldigten festnehmen und ihm den Tatvorwurf und die Einleitung des Steuerstrafverfahrens mitteilen.